Sie erreichten das Präsidium, doch Hasslebe hielt nicht an. "Hey, Hasslebe, was treibst Du da?", fauchte Tim. "Hier ist Halteverbot, ich wollte nur auf den Parkplatz fahren", entgegnete Hasslebe ängstlich. Tim kochte vor Wut. "Du hältst jetzt im Halteverbot, klar? ANHALTEN!" Hasslebe trat erschrocken auf die Bremse. Tim stieg aus, ging um den Wagen, riss die Fahrertür auf und sagte zu Hasslebe: "Los, rüberrutschen, ich fahre." Tim stieg ein und parkte den Wagen im Halteverbot. Das war zwar nicht erlaubt, aber hier ging es um die gerechte Sache.
Sie gingen hinein, der wachhabende Beamte am Eingang blickte auf: "Ja bitte, wohin wollen Sie?" "Zu Kommissar Glockner." "In welcher Angelegenheit?" Gaby schaltete sich ein: "Aber Wachtmeister Passauf, ich bin es doch, Gaby Glockner." Der Beamte lächelte Gaby an und sagte: "Natürlich, jetzt erkenne ich Sie! Einen Moment bitte." Er nahm den Telefonhörer ab und telefonierte. Tim besah sich den Kerl genauer: Er war etwas älter als Tim und sah recht gut aus. Und er hatte Gaby angelächelt. Tim nahm sich vor, bei Gelegenheit Passaufs Personalakte zu studieren. Passauf legte den Hörer auf:" Sie können hochgehen. Brauchen Sie Hilfe bei den beiden Verbrechern?" "Woher wissen Sie das?", fragte Tim, "kennen Sie sie etwa?" "Nein." Passauf lächelte erneut. "Na, Herr Carsten, die TKKG-Bande als Vorreiter für Law and Order ist doch bei der ganzen Polizei bekannt." Tim musste unwillkürlich lächeln, wer ihn lobte, konnte ja nun doch nicht so schlecht sein.
Dann fiel ihm ein, dass er ja noch zwei Gefangene hatte. "Achja, kümmern Sie sich um die beiden Herren hier", wies er Passauf an. Passauf rief zwei Bereitschaftspolizisten herbei, die Rüdiger und Hans abführten. Dann fuhren sie mit dem Fahrstuhl in den fünften Stock, wo Herr Glockner sein Büro hatte, nachdem Tim noch etwas mit Passauf besprochen hatte.
Neugierig schauten seine Freunde ihn an, schließlich sprach Gaby: "Na, mein Held, was hast Du Passauf besprochen?" "Ganz einfach, Gaby, ich habe Passauf gefragt, ob er die Nummer des Anschlusses kennt, von dem aus der Boss angerufen hat. Und jetzt haltet euch fest: Er ist sich nicht ganz sicher, aber er meint, dass es ein Anschluss aus dem fünften Stock ist!" "Wow" Karl war beeindruckt. "Dann sind wir ja ganz dicht dran, und wir können Herrn Glockner den Boss gleich präsentieren." "Hääh?" Kloß war verwirrt. "Wie sollen wir das anstellen? Nehmen wir einmal an, wir kommen einfach nicht darauf, ein Telefonverzeichnis vom Präsidium zu besorgen und rufen die Nummer an. Dann klingelt irgendwo auf dieser riesigen Etage ein Telefon, wie sollen wir das denn lokalisieren(orten)?" Gaby stöhnte entnervt auf , auch Tim verlor langsam die Geduld:
"Willy! Wir haben jetzt schon so viele Fälle mit meinem brillianten Verstand gelöst, da dürfte das doch echt kein Problem sein, zumal Karl bestimmt sein Teleklog dabei hat." "Sein waaaas?" Klößchen war nun vollenends verwirrt. "Mein Telefonklingelortungsgerät, das habe ich heute morgen gebastelt, damit kann man im Umkreis von hundert Metern das Klingeln eines Telefons orten, dass man gerade anruft" "Ja, ein erstaunlicher Zufall, zumal man so ein Gerät so gut wie nie braucht, da es nur mit Festnetzanschlüssen funktioniert, deren Standort ja naturgemäß bekannt ist", ergänzte Karl. "Jaja, Mainframe, schon gut", beruhigte Tim ihn. "Schalte den Wunderkasten mal ein." Karl zog ein etwa taschenbuchgroßes Gerät aus der Tasche seines Ledermantels und schaltete es ein.
Das Teleklog begann zu brummen und der Fotokopierer am Ende des Ganges fing an, Parkscheine auszudrucken. Karl lächelte leicht verlegen: "Es ist noch nicht ganz perfekt" Tim und Gaby lächelten auch, nur Kloß wirkte verärgert. "Sag mal Karl, als Du neulich am Zentralrechner der Stadt gearbeitet hast, hast Du nicht zufällig das Steuerprogramm der Fahrkartenautomaten der Stadtwerke mit dem der Parkplatzverwaltung überschrieben?" "Willy!" Tim war jetzt auch ärgerlich. "Nur weil Du nichts auf die Reihe kriegst, heisst das noch lange nicht, dass Karl genauso fahrlässig und schludrig ist wie Du!" "Naja", warf Karl ein, "so ganz ausgeschlossen ist das nicht, immerhin habe ich den Sourcecode der Fahrkartensteuerung und der Parkplatzverwaltung als Vorlage für das Programm des Teleklogs verwendet." "Stimmt, ich erinnere mich", sagte Tim, der bis zu diesem Moment davon nichts gewusst hatte, "trotzdem war es gemein von Dir, Karl zu verdächtigen, Kloß. Und hör auf, Schokoriegel zu ziehen." Kloß hatte mittlerweile aus einem Automaten in der Nähe mehrere Schokoriegel gezogen, schreckte auf, als Tim ihn anfuhr und steckte die Schokolade verlegen lächelnd in die Jackentasche.
"Genug rumgekaspert. Wir haben noch etwas zu tun. Bist Du bereit Karl?" Karl hob das Teleklog und nickte. "Wir müssen uns beeilen, wir dürfen es nicht zu lange klingeln lassen, sonst ahnt der Boss etwas. Gaby, Du bleibst hier. Karl, Du musst uns führen. Alles klar?" "Jawohl", antworteten seine Freunde. Tim wählte die Nummer, das Teleklog fing an zu piepsen und ein Zeiger schlug aus. "Hier entlang!" Karl ging zügig den Korridor hinunter, Tim folgte ihm, Kloß bemühte sich redlich, den Anschluss zu halten. Vor einer Tür blieb Karl stehen und hob die Hand, Tim hörte hinter der Tür ein Telefon klingeln und unterbrach die Verbindung. "Klasse, wir haben ihn", flüsterte Tim. Also, pass auf Karl: Sobald ich Dir ein Zeichen gebe, rufst Du den Boss an, dieser ist abgelenkt, ich laufe ins Büro und schnappe ihn mir" Klößchen starrte auf die Tür und öffnete den Mund. "Willy! Hör auf zu gähnen!" "Aber…", fing Kloß an, aber Tim machte energisch: "Pssssst!" und verpasste Kloß einen Schlag auf den Hinterkopf. Dann gab er Karl das Handy, nahm einen Bürostuhl, stellte sich vor der Tür auf und gab Karl ein Handzeichen. Karl drückte die Verbindungstaste, wieder klingelte das Telefon. "Tihim!" flüsterte Kloß, "das ist das Büro von…" Doch Tim hatte die Tür aufgerissen und war ins Büro gestürmt. Karl und Kloß hörten ein dumpfes Krachen, als Tim den Mann am Schreibtisch mit dem Bürostuhl niederstreckte. Dann liefen sie auch ins Büro, wo Tim fassungslos auf den Mann am Boden starrte. Es war Kommissar Glockner.
Er blickte sich um, und erkannte, dass er in Kommissar Glockners Büro befand, dem Büro, in dem er schon so oft gewesen war. "Tim! Du hast den Kommissar niedergeschlagen." Karl war fassungslos. "Das wollte ich Dir die ganze Zeit sagen", stieß Kloß fassungslos hervor. "Und warum hast Du es nicht getan?" Tim war zornesrot. "Und Dein tolles Gerät hat auch versagt, Karl. Es hat das Handysignal auf Kommissar Glockners Telefon umgeleitet. Kriegst Du denn nichts auf die Reihe? Wegen euch ist der Kommissar verletzt! Und der Boss ist gewarnt!" "Moment mal", entgegnete Karl, schaltete das Teleklog aus und wählte wieder die Nummer des Bosses. Glockners Telefon bimmelte. Tim war verblüfft.
Glockner kam stöhnend wieder zu Bewusstsein. Augenlidzuckend blickte er zu dem zerknirscht dreinblickenden Tim hinauf. Tim fragte: "Herr Glockner, was hat das zu bedeuten? Wieso hat der Boss Ihre Telefonnummer?" Tim half dem Kommissar auf die Beine. Dieser zog seine Dienstwaffe.
"Herr Glockner, was ist los?" Glockner blickte Tim fragend an. "Tim, Du bist doch sonst immer so schnell von Begriff. Die Fakten sind doch wohl mehr als eindeutig." Kloß atmete scharf ein. Tim drehte sich um und sah auf Kloß\‘ Gesicht einen Ausdruck, den er so noch nie an seinem debilen Freund wahrgenommen hatte, Kloß hatte gerade eine Erleuchtung. "Was ist denn, Willy?" "Häuptling, am Flughhafen wollte der Kommissar Dich gleich wegen des Öffnens von Diplomatengepäck verhaften, der Brief an Hasslebes riecht nach Glockners Aftershave, die Telefonnummer des Bosses ist die von Kommissar Glockner, Glockner hält gerade seine Dienstwaffe gegen Deine Schläfe gepresst…" "Komm zum Punkt, Kloß!" "Tim, alles deutet auf Herrn Glockner als Drahtzieher hin!"
Tim explodierte beinahe, Kloß wagte es, den Kommissar zu beleidigen, ihn mit absolut logischen und in sich schlüssigen Fakten zu verdächtigen. "Kloß… Du…entschuldigst… Dich… jetzt… beim… Kommissar". Tim untermauerte jedes seiner Worte mit einem kräftigen Schlag auf Glockners Schreibtisch. "Wieso sollte der Kommissar so etwas tun? Ich bin doch quasi sein Schwiegersohn, das beste was Gabi passieren kann. Ein liebenswerter, charmanter, durchtrainierter, wohlerzogener, gerechtigkeitsliebender, sanftmütiger und hochintelligenter Mann." Eine weibliche Stimme, die verdächtig nach der von Gabi klang, wisperte "ein arroganter, durch und durch langweiliger Schlägertyp", aber Tim achtete nicht darauf. Gabi machte seit Jahren solche kleinen lustigen Andeutungen, um ihn zu necken, das war halt weiblicher Humor.
"Außerdem", fuhr Tim fort, "habe ich zahllose Verbrechen aufgeklärt und viel dazu beigetragen, dass unsere Millionenstadt sicherer geworden ist. Außerdem", Tim hob den Zeigefinger, "außerdem mag ich ihn, womit diese bizarre Mutmaßung nun endgültig ad absurdum geführt ist". Der Schreibtisch brach bei seiner letzten Äußerung zusammen. "Wir sollten jetzt ruhig und logisch vorgehen. Es ist doch klar wie Klößchensuppe, dass das alles eine raffinierte Verschwörung ist, die gegen Herrn Glockner gerichtet ist. Ich frage mich nur, wer wirklich dahinter steckt. Vielleicht sollten wir mit Tante Gerda sprechen, ansonsten bin ich ratlos. Aber vorher möchte ich noch eines wissen." Tim runzelte die Stirn. "Herr Glockner, warum richten Sie eigentlich Ihre Waffe auf mich?"